Zusammenfassung
Für die Strukturierung von Unternehmen gibt es keine Patentrezepte. Die Gestaltung hängt von Fall zu Fall ab. Darüber können auch nicht Konzepte hinwegtäuschen, die von der (Management)-Holding als „Unternehmensstruktur der Zukunft“ handeln. Aufgrund historischer Entwicklungen und kultureller Einflüsse bilden sich Muster heraus, die es gilt, zu verstehen und die Erfahrungen daraus abzuwägen.
Holdings kommen in vielen Formen vor. Ihnen ist gewöhnlich eigen, dass sie eine kurze Lebensdauer haben. Das versteht sich, wenn man sie mit „langlebigen Unternehmen“, 100 Jahre alten, vergleicht. Diese weisen vier wesentliche gemeinsame Eigenschaften bzw. Ursachen auf: konservative Finanzierung, Sensibilität für substanzielle Veränderungen, ausgeprägte Identität und Unternehmenskultur und Offenheit gegenüber neuen Ideen; hinzuzufügen ist eine große Stabilität der Eigentumsverhältnisse.
Holdings sind oftmals darauf angelegt, ein starkes externes Wachstum strukturell aufzufangen, indem Unternehmen und Geschäft „containergleich“ eingegliedert, manchmal sogar zum Konzern gestapelt werden. Der Vorteil daraus ist eine verhältnismäßig große Transparenz. Bei Holdingstrukturen spielen häufig auch steuerliche Überlegungen eine ausschlaggebende Rolle.
Und was die Führung angeht, wird das (Konzern-)Unternehmen mit finanziellen Größen gesteuert und wie von einem Investor gesehen, als Portfolio von Geschäften bzw. von Tochtergesellschaften gemanagt. Alleiniger Maßstab ist der Ergebnisbeitrag, eine Art interner Shareholder Value, der bei Underperfomance Anlass gibt, sich ohne weiteres von Geschäften zu trennen.
Kapitalmarktgebundene Holdings zeigen eine geringe Bindungskraft, weil ihnen jenseits der Kapitalisierung eine gemeinsame Mission fehlt. Die Zugehörigkeit zum Unternehmen und die Identifizierung mit ihm sind aber elementar. Familienholdings leisten dies. Mit ihrer Kurzfristperspektive sind viele Holdings mit Hotels vergleichbar, in denen sich das Gefühl des zuhause Seins nicht aufkommt. Aber Unternehmen sollen immer so strukturiert sein, dass sie ihre Mission mit einer motivierten Belegschaft erfüllen können.
Robuste Unternehmen gehen ihren eigenen Weg: Sie setzen beharrlich auf Innovation und auf organisches Wachstum, nutzen Gelegenheiten der Ergänzung ihrer Kerngeschäfte, schaffen technische und personelle Synergien und legen Wert auf die Bindung der Mitarbeiter durch die Pflege einer Eigentümerkultur. Auftrag der Unternehmensleitung ist und bleibt die Stärkung der inneren Kraft und der Erhalt der Fähigkeit zur Erneuerung. Holdings sind dafür nicht das geeignete Konzept.
Unter den Schlagzeilen „Wir müssen zum Flottenverband werden“ oder „Das wäre die Zerschlagung“ werden in letzter Zeit Organisationszenarien zu Siemens dargeboten. Analysten und Medien werden sogleich hellhörig und mischen sich gleich ein, wenn Strukturveränderungen anstehen und M&A-Transaktionen sich abzeichnen.
Woran es solchen Beiträgen dann meistens fehlt, sind hinreichende historische Kenntnisse von Unternehmen und ein tieferes Verständnis für technisch-marktliche Entwicklungen. Geflissentlich übersehen wird, dass Unternehmen dauerhafte Gemeinschaften mit loyalen Belegschaften und nicht bloß seelenlose managerielle Konstrukte sind, wie an vielen Business Schools gelehrt und von Beratern verbreitet wird.
Ein altes Konzept
Holdinglösungen haben eine lange Vergangenheit. Mit dem Aufkommen von Großunternehmen, anfänglich vorwiegend in den Grundstoffbereichen, wurden pragmatische Lösungen für die Ordnung und Beherrschung vielfältiger und mehr oder weniger zusammenhängender Geschäfte bzw. Unternehmen gefunden. Typisch dafür waren die Trusts(1) in den USA, welche dann zu Holding Companies wurden. Prominent war die Standard Oil Company of New Jersey Holding, die fast drei Jahrzehnte das Oil Business monopolisierte.(2)
Kennzeichnend für eine Holding ist die Leitungsmacht gegenüber dem beherrschten Unternehmen. Diese zeigt sich hauptsächlich in der finanziellen Mittelzuteilung, bei der Besetzung von Managementpositionen und der Festlegung des Geschäftszwecks. Diese kann wiederum umfassend vertraglich geregelt sein („Vertragskonzern“) oder sich aufgrund starker Einflussmöglichkeiten („faktischer Konzern“) ergeben. Allen Lösungen gemeinsam ist die Abhängigkeit der Tochtergesellschaften (auch von Zwischenholdings) von der Muttergesellschaft.
In der Wirtschaftsgeschichte hat sich eine Vielzahl von Formen herausgebildet: in der Automobil- und Elektroindustrie sogenannte Stammhauskonzerne mit umfangreichen Zentralbereichen oder im Zuge von Branchenkonsolidierungen vor allem auf dem Bausektor (Erstellung und Handel) und im Einzelhandel Konzerne mit einer Dachmarke, unter der viele abhängige Unternehmen vereinigt sind. Das Spektrum dieser übrigens gesellschaftsrechtlich nicht definierten Organlösungen umfasst reine Beteiligungsgesellschaften bzw. Finanzholdings, aus Gründen der Steuervermeidung konstruierte Dach-/Zwischenholdings, aber auch den straff geführten Stammhauskonzern. Historisch, kulturell und politisch beeinflusst gibt es für Länder bzw. Wirtschaftsräume typische Ausprägungen. (siehe dazu die Übersicht: Internationale Holdingvarianten).
Viele Holdingstrukturen sind gezielt auf externes Wachstum und forcierte Expansion angelegt. Von Ausnahmen abgesehen sind diese „Unternehmen“ von kurzer Dauer. Die US-Conglomerates der 1960/70-er Jahre waren keine zehn Jahre später nahezu ausnahmslos untergegangen.(3) Vom damals viel bewunderten Konzern IT&T (International Telephone & Telegraph Inc.) ist nur ein kleiner, industrieller Rest übrig geblieben. Noch dramatischer war der Zerfall der Hugo Stinnes AG, der größten kontinentaleuropäischen Holding der Zwischenkriegszeit mit Schwerpunkt in der Montanindustrie, nur ein Jahr nach dem Ableben des Gründers.(4) In diesem Zusammenhang ist der Untergang der Industrie-Ikonen AEG und der zum Mischkonzern diversifizierten Mannesmann zu erwähnen.(5)
Eine neue Kategorie von Unternehmen ist mit den „Digital Conglomerates“ entstanden. Das sind namentlich Alphabet/Google, Amazon, Facebook. Diese jungen Unternehmen - mit knapp einem Vierteljahrhundert ist Amazon das älteste - wuchsen auf der Basis des Internets aus Kerngeschäften in viele ergänzende und völlig neue Aktivitäten hinein: selbstfahrende Autos, Cloud-Services, Drohnen/Roboter, Sensorik, Appliances, Biotechnologie, Artificial Intelligence, Erneuerbare Energien. Großen Anteil am bisherigen Hyperwachstum hatte die nicht abreißende Serie von Akquisitionen.(6) Google/Alphabet allein erwarb Mitte 2017 über 200 Unternehmen. Die Breite und Vielzahl von Geschäften und von Projekten waren vor zwei Jahren Anlass, diese in die Holding Alphabet mit nun neun Tochterunternehmen einzubringen, um transparenter zu werden. Ähnlich verhält es sich bei den anderen Playern. Während die Konglomerate vor 50 Jahren nur auf eine überdurchschnittliche Rendite zielten, sind diese drei Internet-Intermediäre angetrieben, ihren Markt global zu usurpieren.(7)
Angesichts der Vielfalt von Holdingsstrukturen und Mischkonzernformen stellt sich die Frage, welcher Logik sie folgen und welche Muster sich zeigen.
Grundüberlegungen
Unablässiges unternehmerisches Engagement und technischer Fortschritt führen in immer neue Betätigungsfelder hinein und eröffnen neben der Internationalisierung fortlaufend neue Geschäftsmöglichkeiten. Über lange Zeit wachsen in nationalem Rahmen, von der Politik gefördert Branchen-Konzerne („National Champions“)(8) heran, die in komplexen Strukturen operieren. In der Regel verfügen diese Unternehmen über eine breite Basis (Rohstoffe, Technologie), die eine natürliche Diversifikation bis hin zu einer Verzettelung ermöglichten.
Auf der anderen Seite fanden sich immer wieder Investoren-Unternehmer und CEOs, die die Zeit billigen Geldes und die Gunst der Börse zum aggressiven Aufkauf von Unternehmen und zur Konsolidierung von Branchen nutzten. Die Conglomerates in den USA der 1960/70er-Jahre waren dafür typisch.
Ein herausstechendes Beispiel für einen Mischkonzern war General Electric (GE). Unter der Ägide des CEO Jack Welch (CEO 1982-2001) verwandelte sich das Unternehmen vom breit aufgestellten Elektrounternehmen zu einem konglomeraten Konzern.(10,11) Im Zentrum stand die Gewinnmaximierung unter Einsatz osmotischer Cash flow-Beziehungen zwischen den industriellen Bereichen und GE Capital. Das GE-Modell hatte eine unrühmliche Kopie in dem zeitweise kometenhaft aufgestiegenen Mischkonzern Tyco International plc. (12)
Ein singulärer Fall einer Beteiligungsgesellschaft ist das Beteiligungsunternehmen Berkshire Hathaway, mit dem der legendäre Investor Warren Buffet sich langfristig an unterbewerteten Unternehmen aus reifen Branchen beteiligt.(13)
Eine neue Dimension hat sich in den letzten zehn Jahren mit dem Auftreten staatlich gelenkter chinesischer Holdings bzw. mit Branchenkonzernen auf dem Weltmarkt aufgetan. In Folge von Zusammenlegungen übertrifft in vielen Fällen deren Größe die westlicher und östlicher privatwirtschaftlicher Anbieter bei weitem.(14) Die absehbaren Folgen werden Zusammenschlüsse westlicher Anbieter zu kontinentalen oder transkontinentalen Einheiten (Gemeinschaftsunternehmen/Übernahmen) sein, die über eine Managementholding gesteuert werden.
Interessen
Um die Wahl bestimmter Strukturlösungen zu verstehen, sind die Beweggründe und Interessenslagen der Beteiligten zu hinterfragen. Im Folgenden werden die den jeweiligen Gruppen zukommenden typischen Denk- und Verhaltensmuster vorgestellt, auch in Bezug auf ihre Präferenz für oder Aversion gegen Holdings.
Unternehmer
Der schumpetersche, klassische Unternehmer ist ständig auf der Suche und Verwirklichung von Neuem und Besserem. Er ist wachsam gegenüber Chancen, durchaus auch vorsichtig gegenüber drohenden Gefahren für das Geschäft, überwiegend innengeleitet und darauf aus, ein generationenübergreifendes Lebenswerk zu schaffen. Für diesen Typus stehen Werner von Siemens und Robert Bosch und die einer breiten Öffentlichkeit wenig bekannten Chefs der „Hidden Champions“ und Unternehmenschefs, die ihre Firma an die nächste Leitung in einem besseren Zustand übergeben, als sie diese übernommen haben. Unternehmer sind gegenüber Management-Moden, M&A und Kapitalmarkt reserviert eingestellt, gehen kalkulierte Risiken ein und räumen gemeinhin Personen einen größeren Stellenwert ein als Strukturen. Deshalb und weil Unternehmer (und unternehmerisch handelnde Manager) unmittelbar eingreifen und unternehmerisch gestalten wollen, sind sie Holdinglösungen gegenüber recht reserviert.(15)
Manager/-isten
Für diese große Gruppe ist typisch, dass sie ambivalent in dem Sinne ist, dass Unternehmens- und Eigeninteresse zum Teil nicht zusammenfinden, dass sie meist nur eine Teilsicht haben, stark prozessgetrieben, außengeleitet sind, kurzfristig denken und häufig Kollegen nachahmen. Der Ingenieurtypus unter ihnen handelt meist langfristiger und umsichtiger als die typischen MBA-Vertreter, ist weniger transaktionsorientiert und stärker innovationsbedacht. Viele CEOs geben sich das Image des Machers - weniger des Gärtners oder Försters.
Die Verhaltensmuster laufen in der Regel darauf hinaus, das Geschäftsspektrum abzurunden, über Akquisitionen Marktpositionen zu stärken, an Effizienz zu gewinnen, Branding zu betreiben, Mitarbeiter abzubauen, zu verlagern, global zu beschaffen, nur inkrementell zu Innovieren, Kunden zu kaptivieren.(16) Typische Praktiken sind Aktienrückkäufe, um Kapitalisierung und Bonus zu heben, die Verringerung der Kapitalintensität und ein ausgeklügeltes Risk Balancing. Manager(istische)- CEOs tendieren eher zu Holdingkonzepten, weil sie über Strukturen und Kennziffern steuern und Geschäfte schwerpunktmäßig auf Effizienz trimmen.
Im Übrigen: Ein starkes Indiz für eine manageristische Unternehmenssteuerung ist eine große räumliche Trennung des Headquarters zu den operativen Einheiten. Bereits historisch ist die Daimler - Konzernzentrale in Stuttgart-Möhringen, die zum Signum des größten integrierten Technologie-Konzerns Europas werden sollte.(17)
Investoren
Alleiniger Maßstab ist die Wertsteigerung, gemessen am Shareholder Value. Dazu sind die Generierung eines stetig wachsenden Cash flow und die Optimierung der Finanzierungsstruktur essentiell. Investoren zielen im Wesentlichen auf eine kontinuierliche Gewinnsteigerung in Übereinstimmung mit den Erwartungen und den Wachstumsperspektiven der einzelnen Geschäfte sowie des Gesamtgeschäftes.(18)
Als vorteilhaft gewertet werden eine klare Fokussierung und ein dem Investoreninteresse verpflichteter, darin umsetzungsstarker CEO. Wird der Marktwert des Gesamtunternehmens geringer eingeschätzt als die Summe der einzelnen Geschäfte, wird eine Auf-/Abspaltung, eine Börsenplatzierung oder ein Verkauf ins Spiel gebracht. Holdingstrukturen werden von Active Investors, das sind meist Hedgefonds, als Einladung zu einem Portfolio-Management in ihrem Sinne und zu ihren „Diensten“ verstanden. In jüngster Vergangenheit tritt (in den USA) den zahlenmäßig erheblich zurückgegangenen börsennotierten Unternehmen eine rasch gewachsene Gruppe „aktivistischer“ Aktionäre gegenüber, die als Agenten von Pensionsfonds und Großinvestoren in ihren Augen unterbewertete Konzerne als Targets aufmischen. Schon mit geringen Anteilserwerben und einem unmissverständlichen Brief (poison letter) an den CEO üben sie einen unverhältnismäßigen Druck aus und fordern eine Änderung der Geschäftsstrategie und bisweilen die Auswechslung des CEO.(19) Investoren zeigen eine Präferenz für die Trennung von Geschäften, wenn sie davon kurzfristig überdurchschnittlich profitieren. Im Allgemeinen sind Investoren gegenüber Holding- und Schachtelstrukturen avers.
Stakeholders
Darunter werden im Wesentlichen die Anspruchsgruppen verstanden, die als Aktionäre, Mitarbeiter, Lieferanten und Kunden Interesse am Gedeihen des Unternehmens haben. Es liegt auf der Hand, dass es sich dabei um ein Bündel konkurrierender Interessen handelt. Bei einem global tätigen, diversifizierten Konzern mit zahlreichen Gesellschaften und mehreren Bereichs-Headquarters ist, anders als bei traditionellen Stammhauskonzernen, ein Austarieren der unterschiedlichen Ansprüche eine schwer lösbare Herausforderung. Zu den ersteren zählen Konzerne wie Nestlé, Unilever, IBM. Unter den letzteren figurieren Konzerne vom Zuschnitt VW oder Thyssen-Krupp, die in hohem Maße der Mitbestimmung unterliegen, aber auch japanische und südkoreanische Konzerne mit ihrer wirtschaftspolitischen Einbettung. Immer wieder kommt es zu Interessen-Asymmetrien, so ein Unternehmen nationalen Nimbus ausstrahlt und „politisiert“ ist und dazu noch einen hohen gewerkschaftlichen Organisationsgrad aufweist. Die passende Referenz ist VW. Eine schwache Governance einhergehend mit dominantem Management und einflussreicher Arbeitnehmervertretung resultiert nicht selten in langwierigen, kompromissreichen Entscheidungen. Die Einstellung der Stakeholders gegenüber Holdings ist nicht eindeutig, sie hängt von Einzelinteressen ab.
Die vorangegangene Aufzählung der verschiedenen Interessenslagen macht verständlich, dass Komplexität zur häufigsten Vokabel des Managements von Großunternehmen avancierte. Komplexität muss herhalten als Grund für die zu einem großen Teil selbst verschuldeten Ansprüche an das Management.
Nach den wesentlichen Sichtweisen auf das vielfältige Organisations- und Führungskonzept Holding werden nun die wesentlichen Vor- und Nachteile aus Sicht einer Unternehmensleitung aufgeführt.
Pro Holding
An erster Stelle ist das Prinzip einer relativ einfachen Führung über finanzielle Steuergrößen zu nennen. Diese sind in aller Regel Messgrößen für die Verzinsung des eingesetzten Kapitals (v.a. RoE, RoI), Ergebnisgrößen (verschiedene EBIT-Kennzahlen) und Geschäftswertbeiträge (z.B. auf Basis von Economic Value Added). Bei Holdingstrukturen kommt vorwiegend der Typus des General Managers zum Einsatz, der aufgrund geläufiger Job-Beschreibungen relativ systematisch zu entwickeln und leicht zu rekrutieren ist. In vielen so strukturierten Konzernen beinhaltet Management Development einen oftmaligen Jobwechsel entlang mehr oder weniger vorprogrammierter Karrierepfade. Naturgemäß haben Controlling- und Treasury-Funktionen, M&A, Compliance- und Rechtsaufgaben dabei großes Gewicht. Für die Leitungsfunktionen steht– vereinfacht gesagt – die Beherrschung des MBA-Rüstzeugs (Strategie, Prozesse, Marketing) im Vordergrund; und es wird angenommen, dass zur Entwicklung des Geschäftsverständnisses keine große Erfahrung notwendig ist und es auf lange Beziehungen zu Kunden, Lieferanten, auch Mitarbeitern nicht entscheidend ankommt.
Im Zusammenhang mit der Globalisierung erhalten steuervermeidende Lösungen ein zunehmendes Gewicht. Der internationale Steuerwettbewerb wirkt sich unmittelbar auf die Bildung von (Zwischen-)Holdings und die Wahl des Steuersitzes aus. Der „Kauf von Steuervorteilen“ überlagert das reale Geschäft, zu Gunsten der Anteilsinhaber.
Hinzu kommt die relativ einfache Möglichkeit, Akquisitionen einzugliedern, ohne sie umfassend zu integrieren und Desinvestitionen zu tätigen, ohne lange Carve-out-Prozesse aufzulegen. In einem Bild: Man hat es mit einer Art Containerschiff einschließlich Feeder-Schiffen zu tun. Ein weiterer Vorteil einer Holding kann in manchen Fällen in der größeren Transparenz vis a vis dem Kapitalmarkt gesehen werden, welche die Kommunikation erleichtert. Holdingstrukturen erschweren die Quersubventionierung von Geschäften, schaffen klare Verantwortungsstrukturen, wenn auch in einem engen Rahmen.
Kontra Holding
Den aus dem Blickwinkel von Managern und Investoren aufgeführten Vorteilen werden hauptsächlich die von Unternehmern und Nicht-Aktionären vorgebrachten Nachteile angeführt.
Einigkeit besteht darin, dass Holdingstrukturen einem klassischen unternehmerischen Ansatz zuwiderlaufen. Grob gesagt überwiegt eine Portfolio-Denkhaltung und folglich eine gewisse Neigung, Geschäft und Unternehmen als fungible Objekte zu behandeln. Gewöhnlich dreht es sich darum, den Zweck des Unternehmens vornehmlich in der Maximierung von Gewinn und in der Erlangung dominierender Marktpostionen zu sehen. Dem entspricht eine Kurzfristigkeit, die bei Underperformance wenig Geduld für eine Sanierung aufbringt und Vorleistungen in die Zukunft in Form von FuE-Aufwendungen, sowie Aus- und Weiterbildung, niedrig hält. Des Weiteren geht man davon aus, jedwede Steuer-, Währungs-, Kostenvorteile ohne Rücksicht auf Good Citizenship, auszuschöpfen. Man kann diese Haltung mit der eines Arbitrageurs vergleichen, dem das Ausnützen von Lücken und Vorteilen näher ist als die eigene wertschöpfende Leistung.
Auf lange Sicht leiden die Identifizierbarkeit mit Unternehmen dieser Fasson und damit die Motivation der Belegschaft. Anonymisierung, gefühlte Austauschbarkeit, rücksichtslose Aufkündigung von Beschäftigungsverhältnissen und fehlende Standortbindung sind einem starken Commitment und einer wünschenswerten Loyalität abträglich. Das Verständnis für Soft Factors, wozu v. a. die Pflege des Erfahrungsaustausches und die Integration in Gemeinschaften (Kommunen, Verbände) gehören, ist unterentwickelt. Unterschätzt wird die Skepsis weiter Teile der Belegschaft gegenüber smarten Managementpraktiken, wie Steuerminimierung im globalen Maßstab und die aggressive Abschöpfung von Subventionen.(21)
Konglomeraten Strukturen ist eigen, dass ihnen der Ansporn durch und die Klammer einer Mission und Vision fehlen, dass Herkunft und Tradition geringgeschätzt werden. Vorherrschend ist ein einseitiges und reduktionistisches Verständnis von Führung und Verantwortung.
Konglomerate Strukturen sind selten von langer Dauer. Das versteht sich, wenn man ihnen sogenannte „Langlebige Unternehmen“ gegenüberstellt. Eine umfangreiche Untersuchung(22) von über 100 Jahre alten Unternehmen in Europa, Japan und den USA fand vier wesentliche gemeinsame Eigenschaften bzw. Ursachen heraus: konservative Finanzierung, Sensibilität für substanzielle Veränderungen, ausgeprägte Identität und Unternehmenskultur und Offenheit gegenüber neuen Ideen; hinzuzufügen ist eine große Stabilität der Eigentumsverhältnisse.(23)
Gestaltungsgrundsätze
Das Abwägen der Vor- und Nachteile, ergänzt um langzeitliche Unternehmensvergleiche lassen drei Schlussfolgerungen zu, die für Unternehmensstrukturen maßgeblich sein sollten:
Zweck, Raison d’etre von Unternehmen muss stets mehr sein als Gewinnerzielung und Kapitalisierung. Unternehmen sind realiter dazu da: „to create a customer“(24); also Kundenbedürfnisse zu befriedigen. Gewinn bzw. Shareholder Value, innerer/Buchwert, erwartete Cash flows sind nominale, indirekte Kriterien erfolgreicher Wertschöpfung und Gradmesser für Kundenzufriedenheit und auch des Beitrages zum Gemeinwohl.
Für die Dynamik der Marktwirtschaft sind unternehmerische Einstellung und folgerichtiges Handeln unverzichtbar.
1. Unternehmerisch agieren und dadurch einzigartig sein
Diese Grundeinstellung verlangt ständig nach neuen Geschäftsmöglichkeiten Ausschau zu halten und diese wahrzunehmen, indem erfunden, innoviert, verbessert, Altes aussortiert wird; und das immer wieder von Neuem. Antizipieren, rasch entscheiden und sich bei Bedarf korrigieren, Dinge umsichtig angehen, Mitarbeiter mitziehen, ihre Entfaltung fördern, sich mit Lieferanten und vor allem Kunden unablässig auszutauschen sind genuine Eigenschaften unternehmerisch geführter Unternehmen – unabhängig von Größe, Kultur und Kontinent. Biographien bedeutender Unternehmer, Unternehmenshistorien und Beobachtungen der Unternehmenslandschaft liefern dafür ausreichend Anschauungsunterricht - und das kostenlos.(25)
Unternehmerisch geführte Unternehmen sind einzigartig; sie schaffen sich selbst, verändern sich und „erfinden“ sich ggfs. neu; sie orientieren sich nicht an Anderen und lassen sich auch nicht Strategien einreden, hängen keinen Management-Moden an. Unternehmerisch bedeutet ausnahmslos ein relativ hohes Maß an Spezialisierung und damit eine tiefe, integrative Sicht auf Verbesserungen und Gemeinsamkeiten. Geführt werden sie von neugierigen, kundigen Unternehmern/Leitungsteams mit Bodenhaftung und perspektivischem Blick. Daraus erwächst ein klares Bekenntnis zu einem organischen, vorwiegend internen Wachstum. Die Vorzeigefälle sind „Hidden Champions“ und unternehmerisch geführte Konzerne.(26)
2. Stimmig sein - Identität wahren
Stimmig sein verlangt Führung aus einer Hand und Kontinuität. Das verbietet den „Einkauf“ und die Nachahmung von Führungsmodellen oder Personalsystemen und lässt nur im Ausnahmefall die Rekrutierung der Unternehmensleitung von außen zu.
Voraussetzung einer solchen Führung sind das Verstehen und Schätzen der langfristigen Vorteile einer gepflegten und gehegten Unternehmenskultur und die beidseitige Achtung von Loyalität. Gemeinschaft muss sich in einer „Wir“-Einstellung manifestieren, Initiative und verantwortliches Handeln sich in einer Eigentümermentalität ausdrücken. Dafür sind von der Unternehmensleitung stimmige Personalsysteme einzurichten: ausgewogene Vergütung, systematische Mitarbeiterentwicklung und umsichtige Beförderung sowie verträgliche Lösungsmuster für schwer vermeidbare, schwierige Situationen wie unumgänglicher Mitarbeiterabbau, auch persönliche Notfälle und gute Lösungen für die Vereinbarkeit von Familie und Arbeit.
Stimmigkeit verlangt die Untermauerung hehrer Ansprüche: ein bedeutender Aufwand für Aus- und Weiterbildung, wenn Mitarbeiter die - so die gängige (und richtige) Feststellung - wichtigste Ressource sein sollen, angemessene Beteiligungsprogramme, wenn Eigentümerkultur gewollt ist, faire Pensionsregelungen, wenn Mitarbeiter für Einsatz und Loyalität belohnt werden sollen. Erklärungen zum Gemeinwohl und zu Good Citizenship sind dann glaubwürdig, wenn sie herzeigbar und nachprüfbar sind.
Leichtfertigkeit in diesem Belang ist sträflich. Stimmigkeit ist ein breiter und hoher Anspruch, der Führungsfähigkeit verlangt und eine eingehende Beschäftigung mit diesen Fragen voraussetzt. Stimmigkeit heißt auch, dass es keine Patentlösungen gibt, sondern eigene Wege beschritten werden müssen. Bindung bedingt Stimmigkeit.
3. „Kleiner werden, um zu wachsen“
Dieses Diktum bedeutet, sich ab einer bestimmten Größe gezielt zu „verkleinern“ und ab einer bestimmten Komplexität wieder „einfacher“ zu werden. Abbau von Größe kann auf verschiedene Weise erreicht werden: Zellteilung(28) über einen Börsengang oder Spin-off sind Optionen, doch auch eine größere Autonomie für bestimmte Geschäfte ist möglicherweise ausreichend. Einzuräumen ist, dass organisches Wachstum durch bereits skizzierte wettbewerbliche Verschiebungen auf dem Weltmarkt nicht ohne weiteres möglich ist. Dennoch ist die „Flucht in die Größe“, die wohlgemerkt unvermittelt zu einer chronischen Schwäche werden kann, ein fragliches Unterfangen. Viele historische Beispiele wie die erwähnten IT&T, GE und viele andere zeigen dies. Dass die Wahrung eines fairen Wettbewerbs im zunehmend globalen Maßstab von größter Bedeutung ist, steht auf einem anderen Blatt.
Bei allen Maßnahmen zur Verkleinerung ist auf die Heranbildung einer neuen, stimmigen Kultur zu achten, um den neuen Einheiten starke Bindungskräfte zu verleihen – und sie so robust zu machen.
Abschliessend
Die Quintessenz heißt: Holdinglösungen, insbesondere kapitalmarktorientierte, sind fragil. Holdings sollten daher mit Bedacht auf den unternehmerischen Weg zurück geführt und mit einem kulturellen Band versehen werden. Ein verwandtes Bild dazu: Die Unterbringung in einer Holding ist vergleichbar mit der in einem Hotel; sie ist auf Zeit und sollte zeitig in ein Zuhause getauscht werden. Mit einiger Berechtigung lässt sich feststellen, dass die Zeit der klassischen diversifizierten Konzerne – und damit auch der Managementholdings abgelaufen ist. Denn diese Agglomerationen von Gesellschaften und Geschäften stehen im Großen und Ganzen einer unternehmerischen Führung im Wege.
Verselbstständigungsprozesse können indes eine Eigendynamik entwickeln und ab einem, bestimmten Punkt zur Auflösung von Unternehmen führen. Vorstufen sind Abspaltungen, die zu einer Holding zusammengefasst an dem höchst bewerteten Börsenplatz gelistet werden, ein neues Headquarter in bester Lage erhalten und in einem Niedrigsteuerland domiziliert sind. Das zusammengenommen ist Ferment einer Auflösung. Bedenkliches, bedauerliches Beispiel ist die Hoechst AG, die vor dreißig Jahren unter Chemikern höchstes Ansehen genoss, einst einen höheren Börsenwert hatte als die anderen beiden IG-Chemie-Nachfolgunternehmen Bayer und BASF zusammen. Dieser traditionsreiche Konzern ist ein Lehrstück dafür, was kurzfristiges Portfolio-Management, mangelnde Governance und ein manageristischer CEO in kurzer Zeit anzurichten vermögen.
Lohnenswert ist eine Rückschau auf die manageriellen Zeitströmungen und Kapitalmarktentwicklungen der letzten 50 Jahre. Auffallend dabei, aber nicht überraschend, sind die Zyklen von Entstehung und Konsolidierung von Branchen im nationalen und internationalen Maßstab, von Diversifizierung und Fokussierung, von Zusammenschlüssen und Zerschlagung, vom Verschwinden alter und dem Auftreten neuer, gigantischer Wettbewerber im Zuge der Globalisierung. Gut geführte Unternehmen tragen diesen Entwicklungen aus eigener Einsicht Rechnung und lassen sich nicht dauernd durch Analysten, Consultants, Investmentbanker und Medienleute „anstupsen“ oder gar treiben, lassen sich aber auch nicht durch nationale und gewerkschaftliche Interessen ausbremsen.
Robuste Unternehmen gehen ihren eigenen Weg: Sie setzen beharrlich auf Innovation und auf das daraus ermöglichte Wachstum, nutzen Gelegenheiten der Ergänzung ihrer Kerngeschäfte und schaffen technische und personelle Synergien. Auftrag der Unternehmensleitung ist und bleibt die Stärkung der inneren Kraft und der Erhalt der Fähigkeit zur Erneuerung. Holdings, in welcher Konfiguration auch immer, sind dafür nicht das geeignete Konzept.
Manfred Hoefle, 12. Juli 2017
Im Besonderen danke ich Armin Sorg für viele wertvolle Anregungen.
LITERATUR
- Bühner, Rolf: Management-Holding – Unternehmensstruktur der Zukunft, Verlag moderne industrie, Landsberg am Lech, 1993.
- Drucker, Peter, F.: Management, Tasks, Responsibilities, Practices, Harper & Row, New York 1973.
- Geus, Arie de: Jenseits der Ökonomie. Die Verantwortung der Unternehmen, Klett-Cotta, Stuttgart 1999.
- Hoefle, Manfred: Managerismus, Wiley-VCH, Weinheim 2010.
- Lutter, Marcus; Walter Bayer (Hrsg.): Holding-Handbuch. 5. Auflage; Otto Schmidt Verlag, Köln 2015.
- Simon, Hermann: Hidden Champions des 21. Jahrhunderts – Die Erfolgsstrategien unbekannter Weltmarktführer, Campus, Frankfurt a. M./New York, 2007.
- Stadler, Christian: Unternehmenskultur bei Royal Dutch/Shell, Siemens und Daimler/Chrysler, Franz Steiner Verlag, Stuttgart,2004.
Zeitungen/Zeitschriften:
Economist, euro, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Manager Magazin, Fortune, New York Times.
Link: Denkschrift Nr. 5 „Too Big To Fail versus Rechtes Maß – Zum Dilemma übergroßer Unternehmen“.
ANHANG
Überlegungen zu Führungskonzepten, Holdingtypen international, Holding und Siemens
ANMERKUNGEN
(1) Ursprünglich um die 19.-/20. Jahrhundertwende in den USA entstandene wirtschaftliche Kartelle in eigener Rechtsform mit dem Ziel, branchenbeherrschende Positionen zu erreichen.
(2) Um 1880 beherrschte diese Holding rund 90 Prozent des Ölgeschäfts. 1911 erfolgte unter dem Sherman Antitrust Act die Aufspaltung in 34 „baby Standards“, die im Lauf der Zeit zu einem großen Teil zu Exxon zusammenfanden.
(3) Zu erwähnen sind Litton Industries, Gulf & Western Industries, Teledyne, Textron.
(4) Der Industrielle und Politiker Hugo Stinnes (treffend „Inflationskönig“ genannt) baute den verschachtelten Konzern zwischen 1893 – 1924 zusammen.
(5) Die 1883 als Deutsche Edison-Gesellschaft für angewandte Elektricität wurde 1982 insolvent, von Daimler-Benz aufgefangen und 1996 nach mehreren Umstrukturierungen und vielen Verkäufen aufgelöst.
Die 1890 gegründete Mannesmann AG wurde 2001 in Folge der Übernahme durch Vodafone zerschlagen. Während 2o Jahren kaufte die Mannesmann AG etablierte Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus sowie des Autozubehörs: Kienzle Apparate, Fichtel & Sachs, VDO, Boge. Das in der Atecs Mannesmann AG untergebrachte Industriegeschäft wurde an ein Konsortium von Bosch und Siemens verkauft. Teile wurden dann in Geschäftsbereiche der beiden übernehmenden Konzerne integriert, weiter verkauft, mit anderen Aktivitäten verschmolzen, so dass sie nicht mehr identifizierbar sind.
(6) Große Akquisitionen von Google waren You Tube, Android, DoubleClick, Nest, Waze, Deep Mind Technologies, Bebop.
(7) Zum Wettbewerbsverhalten der Internetmediäre mehr unter: „Gründe und Wege zu einer Charta Digitalis“
(8) Beispiele waren die gegen die Dominanz von IBM geformten nationalen Computer-Unternehmen (Bull in Frankreich und ICL in GBR,) und die British Steel Corporation (aus 14 Gesellschaften gebildet); in gewisser Hinsicht auch die öffentlich geförderten bzw. Teile der Siemens AG (Kommunikation, Halbleiter, Verteidigungselektronik).
(9) In dem Zeitraum größter organisatorischer Komplexität (1992-1998) war Siemens in 12-15 operative Bereiche (einschl. Bereiche in eigener Rechtsform und selbstständige Geschäftsgebiete) gegliedert, umfasste 78 - 84 „Wesentliche Verbundene“ Unternehmen und 4 – 6 „Assoziierte“ Unternehmen (einschließlich Gruppenholdings. Die Anzahl nicht wesentlicher Tochtergesellschaften lag bei über 300.
(10) Zum klassischen „Elektrogeschäft“ hinzu wurden Medienunternehmen, Bank-, Leasing-, Versicherungsgeschäfte, kurzzeitig sogar Kohlefelder erworben.
(11) Siehe auch: Glorifizierung amerikanischer Managementkultur
(12) Tyco akquirierte in einem Zeitraum von 10 Jahren 1000 (!) Unternehmen /Geschäftsteile. Nach Betrugsvorwürfen geriet der als dynamischer „Blue Chip“ gehandelte Industriekonzern in Schieflage und wurde in drei Spin-offs geteilt, Teile davon verkauft und 2016 mit Johnson Control fusioniert. DEO und CFO wurden zu langen Gefängnisstrafen verurteilt.
(13) Die Holdinggesellschaft umfasst rund 80 Unternehmen aus den Bereichen Rückversicherung, Finanzdienstleistungen, Schienengüterverkehr, Energieversorgung, Industriegüter, Groß- und Einzelhandel mit einem Gesamtumsatz von rund 225 Mrd. USD (2016). BRK (Börsenkürzel) hat einen ausgezeichneten Ruf als friendly investor und weist eine hervorragende Bonität aus. Die Aktie hat sich doppelt so gut entwickelt wie der Leitindex S&P500. Das deutsche, im S-Dax gelistete Holdingunternehmen INDUS verfolgt mit Beteiligungen an mittelständischen Unternehmen eine ähnliche langfristige Wertsteigerung.
(14) Beispiel Bahntechnik: Nach der Fusion der beiden Hersteller CNR und CSR (China (North/South) Locomotive and Rolling Stock Corporation entstand ein Branchenmonopolist mit einem Umsatz, der doppelt so groß ist, wie der der entsprechenden Sparten von Alstom. Bombardier und Siemens zusammen. Nach dem Aufbau des heimischen Bahnverkehrs drängt dieser Anbieter machtvoll auf den Weltmarkt.
(15) Bei großen relativ diversifizierten Familienunternehmen gibt es Holdingstrukturen, in denen ein starkes unternehmerisches Element vorherrscht. Beispiel sind Freudenberg und Heraeus: Die Freudenberg & Co. Kommanditgesellschaft (1849 gegründet, bis 1997 von Familienmitgliedern geführt) ist die strategische Konzernführungsgesellschaft. Unter der Muttergesellschaft Freudenberg SE sind vier Geschäftsgruppen operativ tätig. Der Technologiekonzern Heraeus (1851 gegründet) ist ein Familienunternehmen, das sich 1985 eine Holdingstruktur mit technisch verwandten Kernarbeitsgebieten gegeben hat.
(16) Unter Kaptivierung wird eine Vereinnahmung von Kunden mittels mehr oder weniger unfairer Praktiken verstanden.
(17) Diese Firmenzentrale wurde von Edzard Reuter, einem vormaligen CFO und CEO initiiert und von seinem Nachfolger Jürgen Schrempp als „bullshit castle“ apostrophiert. Im Zuge der Rückwendung auf das Automobilgeschäft wurde der Sitz vom damals neuen CEO, Jürgen Zetsche, wieder nach Stuttgart-Untertürkheim verlegt. Andere Beispiele der Distanz zum operativen Geschäft sind Alcoa/Alcorin mit Headquarter in Manhattan und operativem, historischem Schwerpunkt in Pittsburgh. Die 1891 gegründete Philips verlegte die Firmenzentrale von Eindhoven nach Amsterdam. Siemens ist nur mehr mit Zentral- und Dienstleistungsfunktionen in München vertreten. Die Bereichsleitung für „Industry“ sitzt in Erlangen-Nürberg und die von „Energy“ neuerdings in Orlando, Florida.
(18) Das investororientierte Konzept-/Tool-Sortiment vieler Business Schools und Strategy Consultants umfasst: Portfolio-Management, PIMS (Profit Impact of Market Strategies), Shareholder Value (EVA), Asset Light, Core Competencies, Outsourcing.
(19) Aktuell bei GE Trian Partners (Nelson Peltz), bei Philips, Danone, Nestlé Third Point (Daniel Loeb), bei Akzo Nobel, BHP Billiton, Samsung Eliott Management Corporation (Paul E. Singer).
(20) Bei den „Luxemburg Leaks“ wurde bekannt, dass mehr als 300 internationale Konzerne aus 80 Ländern systematisch ihre Steuerquote auf unter ein Prozent drückten.
(21) Diese Verhaltensweise ist ausführlich in der Denkschrift Nr. 15, Wie Abschöpfung Unternehmen und Gesellschaft ruiniert, beschrieben.
(22) Aus Anlass des hundertjährigen Bestehens von Royal Dutch/Shell Group vorgenommene Untersuchung.
(23) Der Aspekt Robustheit von Unternehmen wird in Managerismus – Unternehmensführung in Not auf Seiten 147-223 behandelt.
(24) Siehe Peter F. Drucker, (The purpose of a business), Seite 61.
(25) Die Frage, warum so viel für Strategieberatung ausgegeben und so extensiv „Strategiemechanik“ gelehrt wird, ist mehr als berechtigt.
(26) Bemerkenswert ist das gleichförmige, um nicht zu sagen, nachahmende Verhalten großer Konzerne der gleichen Branche: Die Abtrennung von Osram und der Ausstieg aus der BSH durch Siemens führte zu ähnlichen Aktionen bei Philips und GE; früher noch löste die Abtrennung des Halbleitergeschäfts gleiche Schritten bei Philips und Toshiba aus.
(27) In dieser Hinsicht sind die jüngsten Äußerungen des Siemens-CEO bemerkenswert:: „Wie groß kann ein einzelnes Unternehmen noch sein, wenn es erfolgreich sein will …. Und wie breit?“ (in euro vom 15.02.2017).
(28) Siehe Denkschrift Nr. 5 „Too Big To Fail versus Rechtes Maß – Zum Dilemma übergroßer Unternehmen“.
(29) Spin-off ist ein durch kostenlose Anteilsübertragung geschaffenes eigenständiges Unternehmen.